Faszientraining für Anfänger: So startest Du richtig durch!

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Faszien, jahrzehntelang in den Anatomiekursen weggeschnippelt, sind endlich auch in den Fokus von Gesundheit, Therapie und Training gerutscht. Bei manchen Beschwerdebildern sogar in das Scheinwerferlicht! Denn es wurde immer klarer, dass sie weit mehr sind als nur Verpackungsmaterial. Faszien sind die fasrigen und kollagenhaltigen Bindegewebsstrukturen Deines Körpers. Dazu zählen u. a. Sehnen, Bänder, Gelenkkapseln, Organkapseln und Muskelbindegewebe. Faszien sind überwiegend für Bewegungsschmerzen verantwortlich, da sie viele Rezeptoren – auch Schmerzrezeptoren – besitzen. Vermeintlich verkürzte Muskulatur sind verklebte Faszien. Wir zeigen Dir, wie Du mit einfachen Übungen Deine Bewegungsschmerzen lindern oder auflösen kannst.

Faszien spielen eine enorm wichtige Rolle in Deinem Körper, für Deine Gesundheit sowie Dein Wohlbefinden:

  • Sie geben Deinem Körper Form
  • Sie machen Deine Bewegungen geschmeidig und agil
  • Alltagsbeschwerden, Bewegungsschmerzen und Verspannungen sind oft fasziale Schmerzen, Faszien haben 6x mehr Nervenendigungen als Muskeln
  • Sie übertragen die Kraft vom Muskel auf die Knochen und Gelenke, ohne trainierte Faszien sind sportliche Höchstleistungen undenkbar
  • Sie speichern u. a. Wasser, etwa 1/4 Deines Körperwassers ist in den Faszien gespeichert
  • Sie leiten Informationen weiter, sie haben Verbindung untereinander und kommunizieren mit jeder Zelle
  • Sie beeinflussen Dein emotionales Wohlbefinden, Faszientraining kann Depressionen und Burn-out vorbeugen oder die Schlafqualität verbessern.

Was ist Faszientraining?

Da Faszien so unterschiedliche Aufgaben haben, muss ein ganzheitliches Faszientraining vielseitig sein. Auch Körperwahrnehmungs-Übungen sind Faszienübungen, vor allem für das Faszientraining für Anfänger, da die Faszien sehr viele Rezeptoren haben und auch Schmerzen weiterleiten. Wir stellen Dir hier jedoch zwei andere wichtige Arten vor, wie Du Faszien gezielt trainieren kannst.

Fasziales Rollen: 
Du kennst sicher diese Faszienrollen verschiedener Härtegrade oder Faszienbälle. Mit Rolltechniken kannst Du Deine oberflächlichen Faszien-Verklebungen lösen und bearbeiten. Dadurch wird die Faszie nicht nur besser versorgt und Deine Muskeln beweglicher, sondern es steigert auch Deine Leistungsfähigkeit und Schmerzresilienz. Das Schmerzempfinden wird dadurch gesenkt. Viele Frauen berichten auch, dass sich ihr Bindegewebe durch regelmäßiges Faszienrolle Übungen verbessert hat.
Man differenziert zwei Techniken:

Schnelles Rollen z.B. als Warm-Up hat diese Effekte:

  • Stoffwechselanregend
  • Tonisierend, bereite Deinen Muskel auf das Training verschiedener Körperpartien vor
  • Leistungssteigernd
  • Verletzungsprophylaxe
  • Verbesserte Körperwahrnehmung und Körperhaltung. Damit wird Deine Technik besser  


Langsames Rollen z.B. als Regeneration, zum Ausklang oder zum Entspannen, hat diese Effekte

  • Regenerierend
  • Löst effektiv oberflächliche Verklebungen
  • Senkt gleichmäßig die Muskelspannung- 
  • Bewässert die Faszien
  • Reduziert fasziale Schmerzen

Fasziales Dehnen: 
Faszien müssen anders als Muskeln gedehnt werden. Durch das fasziale Dehnen werden in der Faszie Zellen angeregt, neues Kollagen zu bilden. Das ist wichtig, um das Gewebe geschmeidig und elastisch zu halten. Fasziales Dehnen zeichnet sich durch das Dehnen von langen Muskelketten z.B. der kompletten Körperrückseite aus. Ebenso wippst Du in der maximalen Dehnposition noch nach. Nur so ist der Reiz ausreichend, dass sich neues Kollagen bildet. Da Faszien netzähnlich gebaut sind, müssen sie auch in verschieden Richtungen gedehnt werden. Strecke dich dabei immer in die maximal mögliche Länge. Bei den Übungen wirst Du Beispiele finden. Vor allem Schulter-Nacken-Bereich, Hüfte sowie unterer und oberer Rücken profitieren davon! 

Vorteile des Faszientrainings:

  • Macht Dich beweglicher
  • Dein Gang wird geschmeidiger, elastischer und agiler
  • Reduziert Bewegungsschmerzen – vor allem Rückenschmerzen -, aber auch viele Schulterbeschwerden 
  • Reduziert Verspannungen und dient dazu, oberflächliche Verklebungen zu lösen
  • Ermöglicht Dir Deine Technik in allen weiteren Sportarten zu verbessern
  • Ist ein Jungbrunnen. Einer der führenden Faszienforscher Robert Schleip sagt „Du bist so jung wie Deine Faszien“
  • Es ist noch nicht wissenschaftlich erwiesen, aber Anwender:innen berichten, dass sich ihr Bindegewebe durch Faszientraining verbessert hat.

Faszientraining für Anfänger

Wir stellen Dir hier ein paar der einfachsten Faszienübungen vor. Wichtig – vor allem für Einsteiger – ist, dass sich die Übungen immer gut anfühlen. Dein Körper darf nicht weh tun, maximal einen Wohlfühlschmerz erfahren. Mache die Übungen gezielt und regelmäßig, dann wirst Du schnell positive Effekte haben. Der Vorteil von Faszien-Übungen ist, dass es bei der Bewegungsausführung wenige „falsch“ und „richtig“ gibt und du die Übungen in verschiedenen Haltungen und Variationen ausführen kannst. Faszien lieben einfach Abwechslung!

Übungen für Anfänger – Fasziales Rollen

  • Fuß Eine tolle Übung mit Auswirkungen auf den ganzen Körper.
    Faszienübung eins
    • Stell einen Fuß auf einen Faszien- oder Tennisball
    • Rolle mindestens eine Minute lang vor und zurück, rechts und links und tritt auf den Ball, als ob er ein Blasebalg sei, vor allem mit der Ferse.
  • Gesäß
    Faszienübung zwei
    • Setzte Dich auf eine Faszienrolle oder einen Faszienball und rolle die rechte bzw. linke Po-Seite aus.
    • Mit einer Hand oder beiden Händen kannst Du Dich bei der Variante am Boden abstützen. 
    • Steigern kannst Du die Übung, indem Du den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel legst, durch die Bewegung „klappst“ Du den großen Pomuskel etwas auf und kommst noch besser an die tiefen Stellen. Rolle die rechte Po-Seite aus.
  • Rücken – Körperwahrnehmung
    • Lege Dich auf den Rücken, ziehe beide Knie an, nimm die Nase zwischen die Knie und halte sie fest.
    • Rolle auf Deiner Wirbelsäule hin und her, im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn.
    • Damit massierst und belebst Du deine großen Rückenfaszie und kannst leichte Schmerzen lindern.
  • Rücken
    Faszienübung drei
    • Lege Dich auf den Boden, hebe Dein Becken an und lege die Faszienrolle in den Bereich unterer Rücken und Becken.
    • Ziehe beiden Knie nach oben Richtung Brust. Jetzt liegt Dein Oberkörper ab den Schulterblättern auf dem Boden, strecke die Arme rechts und links aus. 
    • Schiebe Deine Hüfte jetzt leicht auf der Faszienrolle nach rechts und links oder mache kleine Drehbewegungen nach rechts und links. 
    • Damit lockerst du den unteren Rücken, in dem gerade Anfänger oft kleine Blockaden haben.
  • Nacken
    Faszienübung drei
    • Als Einsteiger im Faszientraining rollst Du den Nackenbereich am besten mit einem Tennisball oder Faszienball aus, indem Du Dich selbst mit dem Ball massierst.
    • Da Nackenprobleme oft auch mit den Schulterblättern zu tun haben ist eine fortgeschrittenere Variante, dass Du Dir auf dem Rücken liegend einen Tennisball zwischen Schulterblatt und Wirbelsäule positionierst. Du kannst entweder darauf hin- und her rollen oder Du bleibst liegen und bewegst den entsprechenden Arm über Kopf oder wie beim Schneeengel seitlich von der Hüfte bis neben den Kopf.
    • Anfänger können diese Übung an der Wand machen, dann ist der Druck geringer.
  • Bein und Oberschenkelrückseite
    Faszienübung vier
    • Setzte Dich auf den Boden und lege ein Bein im Bereich Oberschenkel auf die Faszienrolle.
    • Stütze Dich mit beiden Händen hinter Dir ab, hebe Deine Hüfte und rolle die komplette Oberschenkelrückseite ab.
    • Drehe dabei das Bein immer mal nach innen und außen, so dass Du alle Anteile des Beins erwischt.
    • Der andere Fuß steht auf dem Boden und stabilisiert Dich. Eine großartige Übung für Anfänger und Menschen, die viel sitzen.

Übungen für Anfänger – Fasziales Dehnen

  • Körperrückseite, Rücken, Beine, Waden
    Faszienübung fünf
    • Lass die Knie leicht gebeugt und den Oberkörper und Arme nach vorne hängen, egal wie tief Du kommst.
    • Wippe in der Position leicht nach, als ob du eine Feder im unteren Rücken hast.
    • Pendel dabei nach rechts und links.
    • Wichtig: Mache die Übung nur, wenn es sich gut anfühlt!
  • Schulter und Arme
    • Nimm im Faszientraining für Anfänger zunächst einen leichten Gegenstand – z.B. eine 0,5 Liter-Wasserflasche – in eine Hand.
    • Rotiere den Oberkörper so, dass Deine Arme mit Hand und Flasche wie ein Kettenkarusell um den Oberkörper „herumfliegen“.
    • Variante: Stütze Dich mit der freien Hand, Oberkörper vorgebeugt, auf dem Oberschenkel ab und lasse den Arm mit der Flasche pendeln.
      Faszienübung sechs
    • Eine tolle Übung, wenn Du Schulterprobleme hast, jede Zugbewegung nach unten in Verbindung mit pendeln und schwingen entlastet Deine Schultergelenkstruktur.
    • Fortgeschrittene können auch schwerere Gegenstände nehmen – z.B. eine Einkaufstasche mit zwei Litern Milch oder Ähnliches.

Hilfsmittel für das Faszientraining

Im Faszientraining für Anfänger eignen sich auch Wasserflaschen, Tennisbälle, gefüllte Einkaufstaschen etc. Die beliebten Klassiker sind die Faszienrollen und -bälle. Für Fortgeschrittene auch „Trigger-Tools“, die noch mehr in die Tiefe der faszialen Strukturen gehen.

Faszienrolle: Sie gibt es in verschieden Härtegeraden sowie mit und ohne Noppen oder Vibration. Probier aus, mit was Du beim Training am besten zurecht kommst. Das Schmerzempfinden ist bei jedem anders. 

Faszienball: Er eignet sich hervorragend, um die oft verklebte Fußsohle/Plantarfaszie zu trainieren, aber auch den Nacken- und Schulterblattbereich. Den Ball kannst du auch immer dabei haben und so auch auf Reisen Dein Faszientraining absolvieren. Auch ein Tennisball ist wunderbar geeignet

Wie erkenne ich, ob ich mit dem Faszientraining richtig beginne? 

Das wichtigste am Faszientraining ist, dass es sich gut anfühlen muss! Ebenso solltest Du es nicht übertreiben und langsam beginnen. Besonders beim Faszientraining für Anfänger musst Du Deinen Körper beobachten – fühlt es sich gut oder unangenehm an? Lockeres Rollen, Körperwahrnehmungsübungen und leichte Dehnungen kannst Du jeden Tag machen, intensives Training oder starkes Wippen in der Dehnung eher alle drei Tage. Beobachte auch Deinen Körper und Deine Stimmung in den Stunden bzw. dem Tag danach. Wenn es Dir gut getan hat, wirst Du das spüren. Sonst schalte einen Gang zurück!

Wann sollte ich Faszientraining machen und was sollte ich vor und nach dem Faszientraining beachten?

Wie erwähnt gibt es verschieden Arten von Faszientraining. Körperwahrnehmung kannst Du immer und ständig machen. Schnelles Arbeiten mit der Faszienrolle ist optimal in Deinem Warm-Up, langsames nach Deinem Workout oder vor dem Fernseher. Fasziales Dehnen solltest du am Ende des Warm-Ups integrieren.

Kann jeder eine Faszienrolle oder -ball benutzen?

Bitte beachte, dass fasziales Rollen bei einigen Vorerkrankungen nur nach Absprache mit dem Arzt gemacht werden sollte. Dazu gehören Thrombosegefahr, Blutverdünnungsmittel, oberflächliche Krampfadern, akute Entzündungen, Ödeme, starke Osteoporose oder Hautausschlag.
Fasziales Dehnen solltest du in Maßen machen, wenn Du sehr beweglich bist und Deine Gelenke eher Stabilität benötigen. Körperwahrnehmung, um die Rezeptoren in den Faszien zu aktivieren, kann jeder jederzeit machen.

Wie kann ich mich im Bereich Faszientraining für Anfänger weiterbilden?

Das IST-Studieninstitut bietet eine zweimonatige Ausbildung Faszientrainer:in an. Sie eignet sich für alle, die bereits eine Basisausbildung haben und sich im Bereich Faszien weiterbilden wollen. Du bekommst neueste Erkenntnisse aus dem Bereich der Forschung und hast anschließend das nötige Hintergrundwissen, um die Inhalte in Dein Training einfließen zu lassen oder andere zu trainieren.

Schon während des Studiums an der Deutschen Sporthochschule in Köln war Veronika Pfeffer als Trainerin in verschieden Fitnessstudios in Köln und Düsseldorf tätig. Sie ist der Fitness- und Gesundheitsbranche treu geblieben und blickt auf eine 20 Jahre lange Erfahrung zurück. Neben dem Sportstudium hat sie u.a. eine Aerobic-A-Lizenz, eine Fitness-A-Lizenz, eine Rückenschulleiter-Ausbildung sowie die „Fascial Fitness Advanced“-Ausbildung absolviert. Veronika Pfeffer leitete als National Group Fitness Manager von 2004 bis 2024 den Group Fitness-Bereich von Fitness First Germany mit inzwischen fast 200 Filialen. Neben der operativen Steuerung des Tagesgeschäfts gehörte die Konzeption und Umsetzung von innovativen Produkten und Prozessen zu ihren Arbeitsbereichen. Seit August 2024 ist sie für die strategische Ausrichtung des Group Fitness Bereichs verantwortlich. Aktuell ist sie als modulverantwortliche Dozentin an der IST-Hochschule sowie als Dozentin am IST-Studieninstitut für Group Fitness, Rücken- und Faszientraining tätig.

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