Kopfkino – Der Schlüssel zur Top-Leistung

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Kopfkino kennt jeder: Wenn ich beispielsweise ein Streitgespräch in Gedanken Revue passieren lasse, könnte ich aus der Haut fahren. Wenn ich dagegen an ein entspanntes Wochenende zurückdenke und mir vorstelle, wie gut das Hühnchencurry in meinem Lieblingsrestaurant gerochen und geschmeckt hat, dann sieht die Welt schon wieder anders aus – und auf einmal fühlt sie sich auch anders an.

Psychologische Einflüsse von Kopfkino

Kopfkino - unsere Vorstellungskraft - beeinflusst unser Denken.
Kopfkino – unsere Vorstellungskraft – beeinflusst unser Denken.

Psychologie und Sportpsychologie sind sich um die Wirkungen und den Nutzen von „Kopfkino“ schon seit vielen Jahrzehnten im Klaren. Im therapeutischen Kontext werden beispielsweise gezielt Vorstellungen und Gedanken genutzt, um zu lernen mit belastenden Dingen umzugehen. Belastende Situationen gibt es auch im Sport, und gerade hier spielt die Psyche offenbar auch eine Schlüsselrolle. Dazu muss man nur einmal daran denken, was Spielern im Halbfinale des DFB-Pokals 2015 beim Elfmeterschießen durch den Kopf geht. Oder wie sich ein Fahrradfahrer bei der Tour de France fühlen muss, wenn er kurz vor dem Ziel stürzt und dann sieht, wie ihn der stärkste Konkurrent auf der Zieleinfahrt noch überholt? „Mal eben so“ mit solchen Situationen umgehen ist sicher nicht einfach und vermutlich auch wenig zielführend.

Psyche und Sport

Im Spitzensport bemühen sich heute breit aufgestellte Trainerteams um das Wohl der Sportler. Vor allem die psychologische/mentale Betreuung hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Sport-Mentaltrainer begleiten Sportler auf dem Weg zur Leistungsspitze, sind wichtige Gesprächspartner in der Wettkampfvorbereitung, aber auch vertrauensvolle Partner bei der Bewältigung von mentalen Leistungstiefs, Versagensängsten und ähnlichen Krisensituationen im Sport. Die Sportpsychologie hält für den Umgang mit Belastungen im Sport eine ganze Batterie von Trainingsverfahren bereit. Dabei geht es insbesondere darum den Menschen in seiner Individualität zu verstehen. Im Spruch des Rheinischen Grundgesetzes „Jede Jeck is anders“ steckt in diesem Zusammenhang nicht nur ein bisschen Wahrheit. Am wirksamsten sind mentale Trainingsprogramme wohl dann, wenn sie auf die Besonderheiten des Klienten Rücksicht nehmen. Denn so lernt dieser, sein Kopfkino kennen und seine Gedanken zielgerichtet zu steuern.

Kopfkino kann man trainieren

Der blinde Teilnehmer Thomas Reinert ist Profi für mentale Vorstellungskraft
Der blinde Teilnehmer Thomas Reinert ist Profi für mentale Vorstellungskraft

Eine besonders interessante Erfahrung ergab sich in der diesjährigen IST-Weiterbildung Sport-Mentaltraining durch die Teilnahme des zu 100 Prozent blinden Thomas Reinert, gezwungenermaßen „Profi“, was die mentale Vorstellungskraft betrifft. Reinert war den anderen Teilnehmern der Weiterbildung bei einer Reihe von Aufgaben weit überlegen. Bei der mentalen Chronometrie zum Beispiel führt man zunächst eine Handlung aktiv aus. Anschließend stellt man sich diese Handlung nur vor. In beiden Fällen wird die Zeitdauer gemessen, welche man benötigt hat. Die Annahme dabei ist, dass eine optimale Bewegungsvorstellung die gleiche Zeit benötigt wie die reale Ausführung der Handlung. Während Vorstellungs-Anfänger oftmals Abweichungen um bis zu 50 Prozent aufweisen, lag die Abweichung im Falle von Thomas Reinert unter 1 Prozent. Bei der in der Weiterbildung geforderten Lehrprobe wurde eine Balanceaufgabe mit gleichzeitiger Visualisierung inszeniert. Besonders das taktile Feingefühl des blinden Sportmentaltrainers trug zu einem starken Effekt der Visualisierung bei. Durch seine körperliche Beeinträchtigung musste er sein Vorstellungsvermögen über Jahre trainieren, was sich jetzt deutlich bemerkbar macht.

Was im Sport den Erfolg steigert…

… ist auch in vielen anderen Bereichen nützlich. Techniken, wie sie das Sport-Mentaltraining bereithält, spielen auch in Bereichen eine immer größere Rolle, wo es um das Abrufen von Topleistungen unter Stresssituationen ankommt. Man stelle sich einmal einen Manager vor, der einen starken Investor von seiner Idee überzeugen will, oder einen Polizisten, der auch in lebensbedrohlichen Situationen einen kühlen Kopf bewahren muss.

In der Weiterbildung zum Sport-Mentaltrainer wird berufsqualifizierendes Know-how in den Bereichen Psychologie, Kommunikation, Konfliktlösung, Gesprächsführung, Motivations- und Mentaltraining vermittelt.

Prof. Dr. habil. Thomas Heinen hat an der Deutschen Sporthochschule Köln studiert und promoviert und an der Universität Bielefeld habilitiert. Dabei hat er sich auf sozialwissenschaftliche Themen des Sport spezialisiert (Schwerpunkt: Sportpsychologie). Seit 2008 ist Thomas Heinen für das IST-Studieninstitut tätig und Professor für Sozialwissenschaften des Sports an der Stiftung Universität Hildesheim. Er ist Träger des DOSB Wissenschaftspreises 2013-2014.

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