Wie man Fake News erkennen und entlarven kann

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Verschwörungstheorien, „Hausmittelchen“ oder gesundheitsschädigende Tipps zur Bekämpfung des Coronavirus werden seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 auf sozialen Kanälen millionenfach geteilt und kommentiert. Solche Arten von Meldungen – besser bekannt als Fake News – haben sich seit Ausbruch des Erregers ebenso virusartig verbreitet. Warum ist das so? Unter welchen Voraussetzungen sprechen wir von Fake News? Wie können Internetuser den Wahrheitsgehalt einer Meldung überprüfen? Und wie gehen Medienspezialisten dagegen vor?

Was sind Fake News?

Laut Duden sind Fake News in den Medien und im Internet, besonders in sozialen Netzwerken, in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen. Der Vorsatz der Desinformation ist somit der entscheidende Unterschied einer Fake News im Vergleich zu einer Falschmeldung. Die Gründe für das absichtliche Verbreiten von falschen Informationen können neben gezielter Meinungsmache auch wirtschaftlicher oder unterhaltender Natur sein. „Manchmal reicht schon eine verkürzte Nachricht, um sich zu echauffieren und auch Spaß daran zu haben, dies Kund zu tun“, weiß Peter Flore. Der Journalist und IST-Dozent hat durch seinen Beruf nicht erst seit Corona regelmäßig mit Fake News zu tun. „Fake News sind kein neues Phänomen. Gerüchte und Tratsch hat es immer schon gegeben“, erklärt Flore. „Kommunizieren gehört nun mal zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Die einstweilen örtlich begrenzte Mundpropaganda wurde nur von den sozialen Medien auf ein neues Level gehoben. Jeder kann im Netz eigene Texte verfassen und auf diversen sozialen Kanälen verbreiten.“

Dynamik im Fall von Corona überrascht nicht

Fake News - Sociale Medien Icons
In sozialen Medien verbreiten sich Fake News besonders schnell.

Die mediale Dynamik, die im Falle des Coronavirus beobachtet werden kann, ist für Flore dabei keinesfalls überraschend. „Die Informationslage im Krisenfall ändert sich kontinuierlich. Dies ist ein perfekter Nährboden für Halbwahrheiten und gezielte Desinformation.“ Im Fall des Coronavirus kommt eine weitere Besonderheit hinzu, wie der Kommunikationswissenschaftler Markus Schäfer in einem Interview mit dem ZDF erläutert: „Bei Gesundheitsthemen sind Menschen selbst betroffen, und da wird viel auf die Erfahrung anderer vertraut.“ Auch die Komplexität dieser sieht er als einen Grund, weshalb sich Falschinformationen in diesem Bereich so gut verbreiten. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung gab jeder zweite Befragte an, sich über Gesundheitsthemen im Familien- und Bekanntenkreis auszutauschen. Für die Verbreitung von Fake News ist diese Kommunikation – sowohl online als auch offline – besonders wirksam. „In geschlossenen Gruppen, wie WhatsApp oder Facebook Messenger, verbreiten sich solche Meldungen schnell nach dem bekannten Schneeballprinzip. Da man innerhalb dieses kleinen Kreises als besonders glaubwürdig wahrgenommen wird, schaut man sich den empfangenen Inhalt in der Regel schneller an und verbreitet diesen leichtfertiger“, erläutert Flore.

Eigenes Denken zu hinterfragen ist unbequem

Eine weitere Rolle für die Weiterverbreitung von Fake News spielt der sogenannte Confirmation Bias. Der Fachbegriff aus der Psychologie besagt, dass wir vor allem die Informationen glauben und rezipieren, die zu unserem Weltbild und Wertekodex passen. „Auch die großen Social-Media-Plattformen arbeiten nach diesem Prinzip. Der Facebook-Algorithmus agiert so, dass dem Nutzer vor allem die Inhalte angezeigt werden, die den persönlichen Vorlieben und Einstellungen entsprechen,“ so Flore. „Doch ganz so einfach ist das auch nicht. Denn auch die großen Plattformen gehen mittlerweile gezielt gegen Fake News vor.“ Auch die Filterbubble als Sündenbock anzuführen, kann hier keine Lösung sein. Denn die viel diskutierte Medientheorie, laut der wir in einer Informationsblase leben und gar keine andere Wahl haben, als uns einseitig zu informieren, konnte bislang nicht hinreichend bestätigt werden. Man kann also schlussfolgern, dass Internetuser selbst dafür verantwortlich sind, welche Inhalte sie konsumieren und wie sie den Wahrheitsgehalt bewerten. „Wenn ich empfänglich für Verschwörungstheorien bin, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich mir entsprechende Inhalte zu Gemüte führe und mich in entsprechenden Kreisen bewege. Das eigene Denken zu hinterfragen, erfordert eine hohe Reflexionskompetenz und ist unbequem. Das macht man nicht gerne.“

Wie erkennt man Fake News?

Fake News erliegen möchte man trotzdem nicht. Laut einer deutschlandweit durchgeführten Studie der Technischen Universität Darmstadt halten 84 Prozent der Befragten Fake News sogar für gefährlich. Auch scheint es hier noch Aufklärungsbedarf zu geben. So hat eine Online-Umfrage von PricewaterhouseCoopers ergeben, dass sich 39 Prozent der Befragten eher schlecht und fünf Prozent gar nicht über Fake News aufgeklärt fühlen.

Fake News - Mann vor Tablet am Tisch
Fake News kann man auch erkennen, ohne ein Medienprofi zu sein.

Auf die Frage, wie man als User – ohne ein Medienspezialist zu sein – Fake News erkennen kann, gibt Flore einfach umzusetzende Praxistipps: „Als erstes sollte man einen Quercheck machen und herausfinden, ob diese Meldung noch an anderer Stelle auftaucht.“ Als Journalist ist er dem Pressekodex verpflichtet und empfiehlt, das für den Berufsstand geltende Zwei-Quellen-Prinzip unbedingt anzuwenden. „Wenn eine Quelle nicht nochmal von einem anderen Qualitätsmedium bestätigt wird, wäre ich vorsichtig. Ansonsten kann die Erscheinungsform Aufschluss geben, ob es sich um eine Fake News handelt.  Gibt es ein Impressum, gibt es viele Rechtschreibfehler, kann ich den Autoren zurückverfolgen?“ Diese Fragen sollte man stellen, um die Seriosität von Online-Quellen zu überprüfen. „Schwieriger wird es, den Wahrheitsgehalt von Bildern oder Videos zu beurteilen.“ Als ersten Schritt empfiehlt er eine umgekehrte Bildersuche durchzuführen. In der Bildersuche von Suchmaschinen können Bilder hochgeladen oder die Bild-URL eingegeben werden. Angezeigt werden daraufhin Webseiten mit optisch ähnlichen Bildern. Die Ergebnisse können Aufschluss über den Verwendungskontext und Originalität geben.

Was tun gegen Fake News?

Obgleich nur 23 Prozent selbst gegen Fake News vorgegangen sind, wünscht sich eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ein konsequentes Vorgehen gegen Fake News – so ein weiterer Befund der Studie aus Darmstadt. Ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Projekt namens DORIAN forscht nach Möglichkeiten, um Fake News automatisiert zu erkennen und ihrer Verbreitung entgegen zu wirken. Auch Qualitätsmedien haben es sich zum Ziel gesetzt, Fake News den Kampf anzusagen. CORRECTIV ist ein solches Recherchezentrum. Hier sind unabhängige Journalisten im Einsatz, um Falschmeldungen durch gezielte Recherche zu widerlegen. Zwei weitere Plattformen heißen Hoaxmap und Mimikama. Die Fakten-Checker von Hoaxmap ordnen den Falschmeldungen gezielt Orte zu. Das Rechercheteam von Mimikama ruft User ausdrücklich auf, verdächtige Meldungen einzureichen und durch einen Faktencheck überprüfen zu lassen. Eine Praxis, die auch dem Journalisten und IST-Dozenten Flore am Herzen liegt: „Stößt man als User im Netz auf eine vermeintliche Fake News, sollte man diese unbedingt richtigstellen oder melden. Falschmeldungen als solche zu entlarven, ist für unser demokratisches Zusammenleben und ein funktionierendes Mediensystem essenziell.“

Noch mehr spannende Einblicke gibt es im IST-Bachelor-Studiengang „Kommunikation und Medienmanagement“. Studienstart ist jeweils im April und Oktober. Weitere Informationen unter www.ist-hochschule.de.

Lisa Joosten hat an der Universität zu Köln Medienkulturwissenschaften und Medienmanagement studiert. Schon während ihres Studiums sammelte sie Erfahrungen in Agenturen, wo sie den Bereich Öffentlichkeitsarbeit kennen- und schätzen lernte. Nach ihrem Master-Abschluss (M.A.) arbeitete sie an einer öffentlichen Einrichtung im Bereich Kommunikation und Events. Am IST ist sie sowohl für die Interessierten- und Studierendenberatung als auch für die Konzeption neuer Lehrgänge zuständig.

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